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Sänger-Talentsuche auf der kleinen Bühne im Maximal

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Die Kandidatin ist von Scheinwerfern und Bildschirmen eingekreist. Dennoch findet das Casting in intimer Atmosphäre statt.
Die Kandidatin ist von Scheinwerfern und Bildschirmen eingekreist. Dennoch findet das Casting in intimer Atmosphäre statt. © Wolf

Jügesheim - Talentshows wie „Voice of Germany“ haben mit der Wirklichkeit wenig zu tun: Beobachtungen beim Sänger-Casting für die zweite CD des Bandprojekts „Marsecco“. Von Ekkehard Wolf

Sie heißen Andrea, Marina, Robin und Rebekka: vier von zehn Gesangstalenten, die im Maximal-Kulturkeller auf ihr Vorsingen warten. Eine Bewerberin aus Nürnberg reiste allerdings nicht zum Casting an, sondern schickte ihre Demo als MP3-Datei. Hinter „Marsecco“ steht ein Mann, der seine Brötchen als Finanzberater verdient. Markus Zang (53) erfüllt sich mit den CD-Produktionen einen Jugendtraum. Mit 46 Jahren nahm er erstmals eine Gitarre in die Hand. Seither komponiert und textet er einen Song nach dem anderen: eingängige, leicht zu hörende Stücke „von Balladen bis zum Bombastrock der Siebziger“. Etwa alle acht bis zehn Tage entsteht ein neues Lied. „Es sprudelt seit Jahren aus mir heraus“, erzählt Zang, „das muss man nutzen, solange es kommt.“ Etwa 150 Songs hat er auf Vorrat.

Als Hobbymusiker strebt der 53-Jährige keine Studioreife an. Deshalb engagiert er Musiker, die seine Songs einspielen. Jetzt sucht er noch drei Gesangsstimmen. Mit in der Jury sitzen Jan Masuhr und Heinz Mahr, beide als Musiker und Festivalorganisator in der regionalen Szene seit vielen Jahren bekannt.

„Bitte seid ganz locker auf der Bühne. Es geht hier nicht ums Gewinnen oder ums Verlieren“, gibt der Gastgeber den Kandidaten mit auf den Weg. Niemand müsse Angst haben, wie bei Dieter Bohlen persönlich fertiggemacht zu werden: „Jeder bekommt seinen Applaus. Ihr habt alle ein dickes Lob verdient, dass ihr hier oben steht.“

Julia traut sich als Erste ins Rampenlicht. Ihre Vorbereitung zahlt sich aus: Sie singt die Ballade „Du bist so wunderbar verrückt“, als würde sie das täglich mehrmals tun - was wohl auch zutrifft. Die Anspannung ist sichtbar, der Mikrofonständer gibt den nötigen Halt. Sophia, die Jüngste, folgt mit dem Popsong „Morgen“. Bei der „Mogelpackung“ rockt Andrea los, als gelte es mit der Bühnenshow einen ganzen Saal mitzureißen. Mit diesen drei Songs geht es auch weiter. Jeder kommt zweimal an die Reihe. Von Auftritt zu Auftritt wird die Atmosphäre gelöster. Ein Sänger erhält sogar standing ovations als neidlose Anerkennung der Mitbewerber.

Gegen 21.30 Uhr ist alles vorbei. Mit der Entscheidung lässt sich die Jury aber noch etwas Zeit. „Ich möchte in den nächsten Tagen mit jedem noch mal einzeln sprechen“, kündigt Markus Zang an. Aber noch will keiner nach Hause. Man redet miteinander, tauscht Eindrücke des Abends aus. Zum Schluss drängen sich alle gemeinsam auf der kleinen Bühne und singen das Lied, das für sie schon lange vor CD-Erscheinen zum Ohrwurm geworden ist: „Du bist so wunderbar verrückt“.

Es geht nicht um den kommerziellen Erfolg. Wir machen diese Musik, weil es Spaß macht“, betont Zang. Dennoch ist ihm wichtig, dass Musiker mit ihrer Arbeit Geld verdienen können. Er hofft, mit seinen Songs im Rundfunk zu landen. Radiotauglich sind sie allemal. Zangs Goldader-Musikverlag versteht sich als das kleine gallische Dorf zwischen den großen Konzernen: „Ich habe die Nase voll davon, dass morgens bis abends die gleichen Sachen im Radio laufen.“

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